Wann eine Haustürsituation im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG der kreditgebenden Bank
zuzurechnen ist, bestimmt sich nach den zu § 123 BGB entwickelten Grundsätzen
BGH Urt. v. 15.07.2003 / Az XI ZR 162/00.
Aufgrund der Entscheidung des
EuGH Urt. v. 13.12.2001 / Az Rs C-481/99
und darauf aufbauend des
BGH Urt. v. 09.04.2002 / Az XI ZR 91/99
können Realdarlehensverträge nach dem HWiG widerrufen
werden; eine zeitliche Beschränkung oder Verwirkung gibt es nicht: § 5
Abs. 2 HWiG ist danach richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass
Kreditverträge insoweit nicht zu den Geschäften gehören, die im Sinne
des § 5 Abs. 2 HWiG a.F. "die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem
Verbraucherkreditgesetz" erfüllen, als dass das Verbraucherkreditgesetz
kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht einräumt wie das
Haustürwiderrufsgesetz. Daher gilt für diese Verträge das Widerrufsrecht
des HWiG und nicht das des VerbrKrG.
Personalkreditverträge
Mit der Entscheidung des II. Zivilsenat
BGH, Urt. v. 21.07.2003 / Az II ZR 387/02
ist ein Personalkreditvertrag grundsätzlich widerrufbar. Ebenfalls bejaht wurde in dem zu
beurteilenden Fall das Vorliegen eines verbundenes Geschäft i.S.d. § 9 VerbrKrG. Dies folgt aus
§ 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG, der ein verbundenes Geschäft unwiderleglich vermutet, wenn sich das
Kreditinstitut des Verkäufers bedient. Eine Mitwirkung der Fondsgesellschaft besteht demnach dann, wenn der
Kreditvertrag nicht auf Grund eigener Initiative des Kreditnehmers zu Stande kommt. Die bisherige Rechtsprechung des
XI. Senats hierzu wird auf Anfrage des II. Senats nicht mehr aufrecht erhalten. Danach erstreckt sich ein wirksamer
Widerruf des Darlehensvertrages bei Annahme eines verbundenen Geschäfts auch auf den Fondsbeitritt. Der Widerruf
muss damit nicht mehr gegenüber der Fondsgesellschaft erklärt werden, es reicht lediglich die Erklärung gegenüber
dem Kreditinstitut.
Die Rückabwicklung erfolgt hinsichtlich des Darlehensvertrages ex tunc; hinsichtlich des
Fondsbeitritts bleibt es nach dieser Entscheidung auf Grund der Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft bei einer
Rückabwicklung ex nunc. Die Rückabwicklung hat dabei nach Ansicht des BGH gemäß §§ 9 Abs. 2 S. 4, 7 Abs. 4
VerbrKrG nach § 3 HWiG wie folgt auszusehen: Dem Anleger steht kein Anspruch auf Rückzahlung seiner bereits
geleisteten Einlagen an dem Fonds zu, sondern lediglich ein Anspruch auf Erstellung eines A
useinandersetzungsguthabens. Hinsichtlich des Auseinandersetzungsguthabens und dessen Auskehrung tritt das
Kreditinstitut gegenüber dem Anleger in die Stellung des Fonds ein. Das Kreditinstitut hat die bisher geleisteten
Zins- und Tilgungsleistungen an den Anleger zurückzuerstatten. Der Anleger seinerseits hat den Darlehensbetrag in
voller Höhe nebst Nutzungsentschädigung für die Zeit ab Auszahlung des Darlehens bis zum Widerruf des Geschäftes an
das Kreditinstitut zu erstatten. Sofern das Guthaben aus der Auseinandersetzungsbilanz und die bisher geleisteten
Zins- und Tilgungsbeträge höher ausfallen als die Darlehenssumme und die Nutzungsentschädigung, hat das
Kreditinstitut an den Anleger die Differenz auszuzahlen. Ist das Verhältnis andersherum, was regelmäßig in diesen
Fällen der Fall sein wird, zahlt der Anleger die Differenz an das Kreditinstitut. In jedem Falle hat der Anleger
dem Kreditinstitut die Ansprüche aus dem Auseinandersetzungsguthaben zu übertragen. Die Darlegungs- und Beweislast
bezüglich der Höhe des Auseinandersetzungsguthabens obliegt dabei dem Kreditinstitut. Auf den ersten Blick erscheint
die Entscheidung des II. Zivilsenats aus Verbrauchersicht im Hinblick auf die Anerkennung eines verbundenen
Geschäfts mit der Folge von Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriff als begrüßenswert. Diese Entscheidung hat
jedoch zur Konsequenz, dass nun gerade die Schwarzen Schafe des sogenannten Grauen Kapitalmarkts belohnt werden. Je
schlechter, je haltloser und je kostenträchtiger das Anlageprodukt konzipiert ist, desto geringer fällt das
Auseinandersetzungsguthaben aus und desto höher ist die Forderung des mit dem Initiator verbundenen Kreditinstituts.
Ob mit dieser Entscheidung der Widerruf des Beitrittsvertrages umgekehrt auch zur Rückabwicklung des
Darlehensvertrages führt, ist nicht auszuschließen, bleibt jedoch noch abzuwarten.
Sonderproblem: Widerruf nach § 312 BGB n.F. und eingeschalteter Treuhänder
Wird die Finanzierung der Fondsbeteiligung über einen eingeschalteten Treuhänder abgewickelt, kommt
es für die Widerruflichkeit der Vertragserklärungen nach dem HWiG (§ 312 BGB n.F.) gem. § 166
Abs. 1 BGB grundsätzlich auf die situativen Umstände der Erklärung durch den Treuhänder (Vertreter) an. Damit
scheidet in der Praxis ein Widerruf des Kreditvertrages in diesen Fällen nach der Rechtsprechung des BGH
BGH Urt. v. 24.04.2001 / Az XI ZR 40/00
BGH Urt. v. 10.07.2001 / Az XI ZR 198/00
aus, obwohl bei vielen Fondsmodellen ein besonderes Näheverhältnis des bevollmächtigten Treuhänders
zum finanzierenden Kreditinstitut als Vertragspartner besteht.
Weitere Rechtsprechung
Schließt der Vertreter den Darlehensvertrag ab, muss
dieser in einer Haustürsituation sein; die Haustürsituation des
Vertretenen reicht nicht aus; Der Einflussnahme des Vertragspartners
oder eines Dritten ausgesetzt ist grundsätzlich nur derjenige, der mit
dem Vertragspartner verhandelt und die Vertragserklärung abgibt; der
Darlehensgeber ist durch sein Vertrauen auf eine ihm vorgelegte
Treuhandsvertrags- und Vollmachtserklärung geschützt und hat
grundsätzlich keine Veranlassung anzunehmen, der Darlehensnehmer sei
nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Treuhandvertrag und vom
Treuhänder geschlossener Darlehensvertrag zur Finanzierung eines
Fondsanteils bilden grundsätzlich keine wirtschaftliche Einheit.
OLG Stuttgart Urt. v. 30.10.2000 / Az 6 U 101/00
BGH Urt. v. 02.05.2000 / Az XI ZR 150/99
BGH Urt. v. 02.05.2000 / Az XI ZR 243/99
Fall: In der Wohnung wurde ein "Zeichnungsschein"
mit Angebot des Abschlusses eines Treuhandvertrags sowie ein Auftrag,
den Beitritt zum Fonds zu erklären und die Vollmacht für ein
Finanzierungsdarlehen erteilt. Die Vollmacht wurde notariell
bestätigt.
Fall: Aufgrund eines in der Wohnung geführten
Gesprächs wurde der Beitritt zu einer Grundstücksgesellschaft (Fonds Nr.
14) unterschrieben. Zur Finanzierung wurde ein Darlehensvertrag
unterschrieben, der als Zweck den Erwerb der Fondsanteile bezeichnete.
Dieser wurde später nach dem HWiG widerrufen (kein Realdarlehen) und
wegen arglistiger Täuschung angefochten. Das Darlehen wurde unter
Vorbehalt zurückgezahlt. Zins und Tilgungsleistungen werden
zurückgefordert. Der XI. Senat hat die sich gegen die Klageabweisung
richtende Revison zurückgewiesen.
BGH Urt. v. 19.05.2000 / Az V ZR 322/98
ebenso BGH Urt. v. 27.6.2000 / Az XI ZR 210/99.
Der II. Senat des BGH lässt das HWiG unmittelbar gegen
eine Publikumsgesellschaft zu; es entsteht ein Rückgewähranspruch; wenn
die Gesellschaft wirtschaftlich gesund ist und mit den anvertrauten
Geldern bestimmungsgemäß umgegangen wurde, besteht bei der Rückgewähr
keine Schädigung der anderen Gesellschafter.
BGH Urt. v. 02.07.2001 / Az II ZR 304/00
Das OLG Frankfurt macht grundsätzliche Ausführungen zum
Widerrufsrecht nach HWiG; Zurechnung des Vermittlerhandelns in
Haustürsituation; es besteht danach keine Verwirkung bei fehlender
Rechtsbehelfsbelehrung, da aufgrund dessen kein schutzwürdiges Vertrauen
der Bank entstehen kann (Die Revision wurde vom BGH nicht
angenommen).
LG Köln, Urt. v. 08.03.2002 / Az 32 S 66/01
Das
OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.05.2002 / Az 11 U 10/01
hält grundsätzlich das Haustürgeschäft für widerrufbar,
wenn der Verbraucher auf Initiative eines Anlagevermittlers zu Hause
aufgesucht wird. Der in dieser Situation vereinbarte Beitritt zu einem
geschlossenen Immobilienfonds kann ein Haustürgeschäft sein. Das gilt
selbst dann, wenn der Beitritt zum Fonds später noch notariell
beurkundet wurde. Das Geschäft verliert durch den Termin beim Notar
nicht seinen Überraschungseffekt. Ansonsten würde der Verbraucherschutz
des HaustürWG ausgehebelt.
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